Sehr geehrter Herr Drogla,
sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Tzschoppe,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Gäste,
liebe Cottbuserinnen und Cottbuser
Kommunalpolitik neu denken –
aus Sicht der Fraktion AfD ist es hohe Zeit
einen kritischen Blick auf unsere Einfluss-
und Gestaltungmöglichkeiten zu werfen.
Werden wir Stadtverordnete unter den jetzigen
Rahmenbedingungen den berechtigten Ansprüchen und
und Wünschen der Bürger gerecht oder sind unsere
Entscheidungsspielräume in einigen Politikfeldern sehr
begrenzt.
-2-
„Kommunalpolitik ist Heimatpolitik , und
Heimat ist der seelische Anker“ – Zitat Markus Söder
zum Politischen Aschermittwoch – wir können hier nur
zustimmen.
Mit dieser aktuellen Stunde wollen wir
einerseits eine Art Bestandsaufnahme hinsichtlich
des Funktionierens der kommunalen Selbstverwaltung
und andererseits
eigene Vorschläge einzubringen, um die kommunale
Selbstverwaltung zu reformieren, um für künftige
Herausforderungen besser gewappnet zu sein.
Es wird seit geraumer Zeit viel über einen Neustart geredet,
in der EU, in Deutschland.
Bei aller Notwendigkeit – Ja, die EU und Deutschland
-3-
benötigen einen Neustart, aber eine Runderneuerung
braucht in aller erste Linie die Kommunalpolitik,
denn vor Ort wird das Leben der Bürger organisiert und
gestaltet.
Es stellt sich somit die Frage, funktioniert die kommunale
Selbstverwaltung oder haben wir es mit einer die
Realität vernebelnden Begrifflichkeit bzw. leeren Worthülse zu
tun?
Ein wahrhaft gravierender Schritt, um endlich Abhilfe zu
schaffen, wäre die Schaffung der Institution
Kommunalkammer – nach dem Beispiel Bundesrat.
Diese Kommunalkammer hätte die Aufgabe,
die Beziehungen zwischen den Kommunen (14 Landkreise
und 4 kreisfreie Städte) und dem Land Brandenburg
neu zu regeln.
Diese Kommunalkammer, zusammengesetzt aus den
Führungsspitzen der Landkreise und kreisfreien Städte,
-4-
wäre künftig das Regulativ gegenüber der Landesregierung.
Ein erster Anlauf mit Hilfe unserer Landtagsfraktion ist
leider gescheitert, doch wir werden nicht locker lassen.
Politik ist ja bekanntlich das Bohren dicker Bretter und ich
kann heute hier versprechen, das Thema bleibt auf der Agenda,
weil wir von der Idee, welche übrigens unsere ist,
überzeugt sind.
Anhand einiger Politikfelder werden wir im Folgenden den
Nachweis erbringen, dass die kommunale Selbstverwaltung
so nicht den Erfordernissen und Ansprüchen genügt.
Ein Blick zurück – das Drama um die Kreisgebietsreform.
Fast 3 Jahre kämpften die kreisfreien Städte (außer Potsdam)
und viele Landkreise mit unzähligen und guten Argumenten
dagegen an.
Hunderttausende Euros wurden in diesem Prozess
-5-
buchstäblich in den märkischen Sand gesetzt, sei es mit
Gutachten, Regionalkonferenzen oder einem Reformkongress.
Ja, die kommunale Familie hat zusammengehalten.
Der erkennbar Widerstand der Bürger durch ihre Teilnahme
am 3-stufigen Verfahren zum Volksentscheid machte Mut.
Kurz vor Ultimo hat die Landesregierung die Reißleine
gezogen und das unselige „Reformprojekt“ beerdigt.
Ob die Bürger mit einem erfolgreichen Volksentscheid
die Kreisgebietsreform wirklich hätten stoppen können,
da gab es berechtigte Zweifel, weil ja Innenminister
Schröder stets verkündete, er werde das Ergebnis
des Volksentscheides nicht anerkennen.
Hätten wir zu dieser Zeit bereits das Instrument
einer Kommunalkammer gehabt, wäre diese
Kreisgebietsreform ein zustimmungspflichtiges Gesetz
-6-
gewesen, um das unsinnige Vorhaben wäre schnell
und effizient beendet worden.
Das Thema „Altanschließer“ hat lange Zeit die Gemüter der
Bürger erhitzt.
Die Büchse der Pandora wurde ja bekanntlich im Landtag
aufgemacht, um rückwirkend Kanalanschlußbeiträge von den
Bürgern eintreiben zu können.
Bei der Existenz einer Kommunalkammer hätte diese
katastrophale Entscheidung, die so viel Bürgerverdruss
erzeugte, wahrscheinlich verhindert werden können.
Cottbus war somit gezwungen zusätzliche Arbeitskräfte
einzustellen, um die Bescheide fristgemäß zuzustellen.
Das gleiche Personal wird immer noch benötigt, um die
rechtswidrigen Bescheide wieder abzuwickeln.
Was für eine Verschwendung von Ressourcen!!
-7-
Wir hatten kein Instrument in der Hand, um uns gegen
diesen Irrsinn zu wehren.
Kommunale Selbstverwaltung sieht so nicht aus!!!
Ein wirksames Mitspracherecht hätten wir uns als Fraktion
auch bei der verordneten Zwangsfusion der BTU Cottbus mit
der Fachhochschule Lausitz gewünscht.
Die BTU, einer der wenigen Leuchttürme der Region,
leidet nach unserer Überzeugung immer noch an den
Folgen der Zwangsfusion.
Die Zahl der eingeschriebenen Studenten ist von über
10.000 vor der Fusion, auf jetzt 7.900 gesunken.
Von dem Ziel 9500 eingeschriebene Studenten sind wir noch
weit entfernt.
Bedauerlich ist aus unserer Sicht, dass an der BTU
überwiegend Bachelor-Abschlüsse und viel zu wenig
Master-Abschlüsse erreicht werden.
-8-
Gute Professoren, denen das Profil „Gemischtwarenladen“
nicht passte, haben die BTU verlassen.
Die Stadtverordneten hatten in der Legislatur 2008-2014
kein Instrument in Hand, um in den Prozeß gestaltend
einzugreifen.
Es spricht sehr viel für die Einrichtung einer
Kommunalkammer.
Schon der ehrwürdige Goethe wusste:
Nach Golde drängt
am Golde hängt – doch alles.
Ach wir Armen.“
Cottbus ist eine hochverschuldete Kommune.
Unsere finanziellen Spielräume, besonders im
Investitionshaushalt, sind mehr als bescheiden.
Wir schlagen deshalb vor, gänzlich neue Wege in der
Kommunalfinanzierung zu gehen.
-9-
Das nachfolgende Konzept habe ich offensiv
im Bundestagswahlkampf 2017 vertreten und werbe weiter
dafür:
Von 100 Euro Steuermitteln werden gegenwärtig 42,50 Euro
an den Bund, 42,50 Euro an die Länder und 15 Euro an die
Kommunen verteilt.
Unser Vorschlag lautet, den Kommunen generell mehr Geld
vom Steuerkuchen zu geben, denn wir vor Ort wissen,
wo die finanziellen Bedarfe sind.
Die Neuverteilung könnte wie folgt aussehen:
40 Euro der Bund, 40 Euro die Länder und 20 Euro
die Kommunen.
Die Vorteile dieser Neuregelung wären:
-bessere Planbarkeit
-der Wegfall der vielen Förderprogramme, die
selten passgenau sind verbunden mit der Einsparung
personeller Ressourcen,
denn,
-10-
- Förderprogramme müssen geschrieben werden
- in den Amtsstuben durchforsten nicht wenige
- Mitarbeiter das Internet, um ja nicht ein Programm
zu übersehen.
Bei der Bewerbung um Fördermittel ist nicht selten
Kreativität der Mitarbeiter gefragt, es kommt noch die
aufwendige Abrechung dazu.
Beim Programm des Bundes für finanzschwache Kommunen
haben wir doch gemerkt, es passt nicht zu 100%
Ja, Cottbus hat aus diesem Programm Mittel erhalten,
mit denen wir z.B. die Astrid-Lindgren-Grundschule sanieren.
Mittel für die Ausstattung der Schule waren nicht in diesem
Fördertopf und so standen wir vor der Entscheidung, sanieren
wir die Straße nach Döbbrick oder statten wir die Schule aus.
Das Ergebnis ist bekannt.
Wir möchte solche Abwägungen nicht länger hinnehmen und
fordern deshalb eine generell bessere finanzielle Ausstattung
der Kommunen.
-11-
Ja,es gibt Kommunen, denen es gut geht – im Land
Brandenburg eher die Ausnahme als die Regel und deshalb
kann in unser Modell ein Ausgleichsmechanismus eingebaut
werden.
Der Anspruch an Politik ist doch das grundgesetzlich
verankerte Recht auf Herstellung gleicher Lebensverhältnisse.
Mit den gegenwärtigen Verfahrensweisen entfernen wir
jedoch immer weiter davon.
Die kommunale Selbstbestimmung wurde arg beschnitten,
als wir, hervorgerufen durch die schlecht gemanagte
Energiewende, hohe Steuerrückzahlungen an den Konzern
Vattenfall zu verkraften hatten.
Das Land half Cottbus zwar mit rund 7.8 Millionen Euro,
verknüpfte diese Hilfe aber mit der Auflage einen
Eigenanteil in Höhe von 500.000 Euro zu erwirtschaften.
Das perfide daran war, das die Landesregierung konkret
-12-
bestimmte, um in den Genuss der Hilfsmittel zu gelangen,
muss die Grundsteuer erhöht werde,
Das ist Erpressung pur oder man nennt so etwas in der
Wirtschaft Knebelvertrag, und der ist sittenwidrig.
Sie erinnern sich:
Am 12.7.2017 fand eine nichtöffentliche Sondersitzung
der Stadtverordnetenversammlung statt.
In dieser Beratung wurde uns eine Zustandsanalyse
zu unseren Straßen und Brücken mündlich vorgetragen,
in schriftlicher Form haben wir diese seit Mitte Januar 2018
vorliegen.
Cottbus benötigt mindestens 300 Mio Euro um diesen
Sanierungsstau beheben zu können.
Spätenstens mit diesem Bericht wird doch schlagartig
deutlich – ein weiter so kann und darf es nich geben!!!
Deshalb werben wir offensiv für unser neues Konzept,
denn Deutschland ist ja bekanntlich ein reiches Land
-13-
und trotzdem verarmen immer mehr Kommunen.
Es ist ein Weckruf, den wir von dieser Stelle absenden!
Cottbus ist zur Zeit in aller Munde, wenn es um das Thema
Flüchtlinge geht.
Als sich abzuzeichnen begann, dass Cottbus bei der
Aufnahme von Flüchtlingen an seine Grenzen stößt, hat unser
OB sehr zeitig einen Hilferuf nach Potsdam abgesetzt,
erhört wurde dieser jedoch lange Zeit nicht.
Nach wie vor weigert sich die Landesregierung eine
Residenzpflicht für Flüchtlinge einzuführen.
Mit dem Ziel, eine dauerhafte Überlastung von Kommunen
zu verhindern, schlagen wir vor, dass die Landesregierung
und die Kommunen gemeinsam einen Bewertungskatalog
erarbeitet, aus dem hervorgeht, wann eine Kommune
mit der Anzahl der Flüchtlinge überfordert ist, wo die
Grenze der Belastbarkeit einer Kommune ist, um
-14-
Sicherheit, Ordnung und ein normales Leben der Bürger
gewährleisten zu können.
Wenn dann die kommunalen Entscheidungsträger vor
Ort anhand der Kriterien nachweisen, dass sie
diese gewaltige Aufgabe nicht mehr stemmen können, dann
fasst die Stadtverordnetenversammlung dazu einen Beschluß
und erwirkt damit einen Zuzugsstop.
Das Land hat per Kommunalaufsicht jederzeit ein Instrument
in der Hand, rechtswidrige Beschlüsse zu kassieren.
Das wäre gelebte Selbstverwaltung und Selbstbestimmung!
-15-
Mit der aktuellen Stunde wollen wir eine Diskussion
in Gang setzen – wir müssen uns entscheiden, entweder
für ein „weiter so“,
das aus unserer Sicht die Politikverdrossenheit eher stärkt
oder wir stoßen das Tor der Möglichkeiten weit auf,
lassen neue, andere Ideen zu, um höheren Ansprüchen an
die Kommunalpolitik gerecht zu werden.
Die Voraussetzungen sind doch gegeben, wir haben eine gut
funktionierende Verwaltung, mit gut ausgebildeten und
motivierten Mitareitern/innen, eine Verwaltungsspitze,
die engangiert und geräuschlos arbeitet und nicht zuletzt
wir, die 46 gewählten Stadtverordneten, denen das Wohl
unserer Stadt und der Region sehr am Herzen liegt.
Gehen wir neue Wege, fordern wir mutig und
selbstbewusst größere Handlungsspielräume für die
Kommunen ein!
Wenn nicht jetzt – wann dann?
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.